Engelwurz  Waldengelwurz

Wilde Engelwurz, Brustwurz, Bärenwurz - Angelika Sylvestris
und die Erzengelwurz, echte Engelwurz, Theriakwurzel, Brustwurz, Magenwurz, Heiligengeistwurzel - Archangelica

 Pflanzenfamilie der Doldenblütler - Apiacea


Fotos copyright Licht und Kräuter Niseema Dorothea Broos

ist die letzte Schirmblütlerin im Sommer, die ihre wunderschönen creme- bis zu rosafarbenen kleinen Blütchen öffnet,
nämlich Ende Juli, wenn die wilde Möhre schon längst erblüht ist.
Sie gehört zu einer meiner Lieblingspflanzenfamilien, die Doldenblütler und die Angelika ist einer meiner Lieblingspflanzen.

Mit welcher Leichtigkeit die zarten Blüten den Mittelpunkt scheinbar umkreisen. Es geht immer wieder von einem Punkt aus
und setzt sich von der großen Dolde zur Doppeldolde und zum Döldchen fort. Das ist das Merkmal dieser Pflanzenfamilie, die viele Heilpflanzen,
Gemüse aber auch sehr giftige Pflanzen (Schierling) ihre Familienmitglieder nennt.
Diese Heilpflanzen wie die Engelwurz, der Fenchel, der Kümmel und Anis … wirken meistens positiv und entlastend auf unser Verdauungssystem.
Aber nun zur Engelwurz. Als ich zum ersten Male eine Erzengelwurz in einem Kräutergarten erblickte, war ich von ihrer Schönheit und Ausstrahlung überwältigt.
Sie gehört zu den echt großen Heilkräutern, denn sie kann die 250 cm Größe erreichen. Die Blüten ihrer Dolden sind grünlich gelb und sehen echt stattlich aus.
Diese Heil- und Kraftpflanze des Nordens hat eine lange Tradition in der Heilkunde. Aber da gibt es ja noch unsere heimische Waldengelwurz, sie wird nicht ganz so groß,
sie kann aber auch 160 cm erreichen. Beide gehören zu den zwei bis dreijährigen Pflanzen. Das heißt sie benötigen zwei bis drei Jahre um zur Blüte zukommen
und dann sterben sie nach der Reifung ihrer Spaltfrüchte. Bis dahin verbleiben sie ganz einfach am Boden als Pflanzenrosette und streben dann mit aller Kraft empor.
Die gefiederten Blätter der Waldengelwurz sehen in der Rosette so ein bisschen wie Rosenblätter aus aber an ihren violetten oder grünen Ansatzringen unterhalb der Blattansätze,
kann man sie erkennen.

Ja und mit ihr hatte ich eine besondere Begegnung. Sie offenbarte sich mir als ich mit einer Freundin einen Weg ging, der rechts und links von der Waldengelwurz umsäumt war.
Ich verspürte plötzlich so eine starke Herzschwingung, die von den Pflanzen ausgingen, dass mir vor lauter Freude die Tränen kamen.
Das ist also die Engelwurz, nun verstand auch ihren Namen.
Was für ein Geschenk eine Pflanze so wahrnehmen zu dürfen.

Beide Engelwurz Arten lieben das Element Wasser. Die Bach- und Flussauen zählen zu ihrem zu Hause. Aber mindestens muss es für unsere Waldengelwurz feucht am Waldrand oder auf der Lichtung sein.
Es existieren weltweit ca. 100 Arten der Engelwurz, die nur auf der nördlichen Halbkugel gedeihen. In Europa findet man sie nördlich der Alpen.

Es gibt keine Überlieferungen der Heilpflanzen Engelwurz aus der Antike. Das ist kein Wunder, ist sie doch eine große Heilerin aus dem Norden.
Im hohen Norden war die große Engelwurz ein heiliges Gewächs. Dichter und Barden schmückten ihr Köpfe mit Kränzen aus den Blüten der Engelwurz.
Man glaubte, dass der Duft dieser großen Pflanze sie inspirierte (Storl).

Aber auch als Nahrungsmittel wurde sie eingesetzt. Stängel und Blätter kamen in die Suppe und ins Gemüse und die Wurzel wurde als Wurzelpulver im Brot gebacken (Storl).
Noch heute kann man die kandierten Stängel der Erzengelwurz als Leckerli oder als essbares Deko für Süsses erwerben.

Die skandinavischen Völker brachten die Erzengelwurz in die südlichen Länder. Im Mittelalter entstand ein reger Handel mit ihr; sie sollte sogar Zahlungsmittel gewesen sein.

Es dauerte dann nicht mehr lange und die Engelwurz fand ihren Weg in die Klostergärten und dort bekam sie auch ihren Namen, Engelwurz oder sogar Erzengelwurz.
Jedenfalls wurde sie zu Pestzeiten, während der Cholera-Epidemien und gegen Typhus einer der wichtigsten Heildrogen dieser Zeit.
Überhaupt galt die echte Engelwurz als das Allheilmittel.
Da fällt mir die Geschichte der vier Räuber ein. Während der Pestzeiten gab es Räuber, die sich der Güter der Pestopfer bemächtigten.
Als sie gefangen wurden, stellte man ihnen zur Wahl zwischen einem schnellen Tod oder einem sehr schmerzhaften langen Tod zu entscheiden, 
wenn sie ihr Geheimnis, wie sie sich nicht ansteckten preisgeben würden. Sie wählten natürlich die schnelle Methode, denn sonst wüssten wir nichts über den Vierräuberessig.
Sie benutzten ihn als Einreibemittel und tranken auch den einen und anderen Schluck davon.
Also, natürlich ist wieder unsere Engelwurz neben Wermut, Raute, Wacholderbeeren, Lavendel, Rosmarin, Kalmus, Zimt, Muskat, Nelken und Knoblauch ein wichtiger Bestandteil (Storl).
Es gibt aber auch verschiedene Rezepte dazu.

Der bekannte Theriak stammt aus dieser Zeit, wobei es dem mit verschiedenen Heilkräutern angesetzte Kräutertrank die Engelwurz nicht fehlen durfte.
Die Schwedenkräuter der Maria Trebern gehören ebenfalls dazu.
Überhaupt begannen die Mönche mit der Engelwurz allerlei Schnäpse und Liköre zu zubereiten.
Noch heute kennen wir den Boonekamp, Chartreuse (von den Kartäusermönchen) und allerlei Kräuterbitter. 

Auch die Karmeletinerinnen brannten einen Melissengeist aus dem der berühmte Klosterfrau-Melissengeist entstand.
Hier finden wir die Melisse in Kombination mit der Engelwurz und anderen Heilkräutern.

Die Wurzel der  Erzengel- und unsere heimischen Waldengelwurz werden als Räucherkraut zu Schutzräucherungen benutzt.
Sie ist eine sonnige Pflanze, die unseren Geist erhellt. Für den Kräuterpfarrer Künzle war es eine kraftvolle Pflanze des Herzens (die Lebensfreude).
Dr. Edward Bach setzte diese Blütenessenz ein, wenn es um die Führung durch geistige Wesen ging und um Erlebnisse die mit Tod und Geburt einhergingen.
Sie wirkt bei Mutlosigkeit, Angst, Verzweiflung und chronischen Verhärtungen.

Volksheilkundliches:

Erzengelwurz und Waldengelwurz haben die gleichen Heileigenschaften. Sie werden eingesetzt bei:
Lungenbeschwerden, Erkältungen, grippale Infekte, Viruserkrankungen, Magenprobleme (vor allen Dingen wenn die Ursache nervlich bedingt ist),
Appetitlosigkeit, Verdauungsprobleme, Schwäche der Bauchspeicheldrüse, Galle- und Leberleiden
und da sie durchblutungsfördernd auf den Unterleib wirkt, auch bei Menstruationsbeschwerden. Auf jeden Fall wirkt dieses Heilkraut immunstabilisierend.
Es wurde früher als Antidot bei Vergiftungen eingesetzt. Sie wirkt lindernd bei Rheuma und Nervenschmerzen. Und in der Tat auch entgiftend.

Die Wurzel sollte als ein Magenmittel eine halbe Stunde vor dem Essen eingenommen werden. Auch äußerlich wird die Angelikasalbe als schmerzstillende Einreibung
bei Rheuma und Nervenschmerzen eingesetzt.
Die Wurzel der Archangelica kann in der Apotheke oder im Kräuterversand bezogen werden.

Kommission E:

Positivmonographie

Indikation:

Dyspeptische Beschwerden, leichte Magen- und Darmkrämpfe, Appetitlosigkeit, regt die Verdauungssäfte von Galle-Leber und der Bauspeicheldrüse an.
Die Engelwurz wirkt antimikrobiell, spasmolytisch, karminativ.
Verabreicht werden kann sie als ätherisches Öl, Tee, Tinktur, Extrakt, Fertigarzneimittel, Likör

Kontraindikation:

da die Pflanze auch über Furanocumarine verfügt, kann der Pflanzensaft im Sonnenlicht phototoxisch (Hautreizungen) bei empfindlichen Personen wirken.

Inhaltsstoffe:

Ätherische Öle, , Bitterstoffe (Amara), Phenolcarbonsäuren (Chlorogensäure und Kaffeesäure), Furanocumarine und Gerbstoffe.

Waldengelwurzblatt
Fotos copyright Licht und Kräuter Niseema Dorothea Broos

Kulinarisches: 

Die jungen Blätter und Stängel der Erzengelwurz als auch der wilden Engelwurz schmecken, vor der Blüte geerntet gleichermaßen gut als Gewürz in der Suppe, 
als Stängel mit Käse überbacken, als Gewürz im Fruchtbrei oder Kompott, als kandierte Stängel für die essbare Deko auf Süßspeisen und im Kuchen als  Angelikasirup.

Die Wurzel der Angelika kann getrocknet und als Pulver zermahlen aufs Essen gestreut oder als Gewürz im Brot gebacken werden.

Sonstiges:

Die Archangelica kann ganz leicht im Garten angebaut werden. Einmal im Garten sät sie sich auch selber wieder aus. 
Die Erntezeit der Wurzel ist immer im Herbst oder Frühling der einjährigen Pflanze.

Herzliche Kräutergrüße eure Kräuterfrau

Niseema Dorothea Broos
Kräuterpädagogin® Volksheilkunde